The Battle – Nubox vs. Orbid Sound
Neulich bei mir zu Hause, mein Handy läutet und ein Freund machte mich auf einen Eintrag bei Facebook aufmerksam, in dem ein mir wohl bekanntes Paar Lautsprecher, nämlich die „Nubert Nubox 460“ dieses Freundes mit einem Paar „Orbid Sound Neso“ verglichen wurde. Sein Fazit war eindeutig, obwohl meiner Meinung nach dort ein „Goliath(chen)“ mit einem „David(chen)“ verglichen wurde. Ich schaute mir die technischen Daten dieser und anderer Orbid Sound Lautsprecher an und wusste nicht so recht, wo ich diese einordnen soll. Die Neso mit nur 50 Watt RMS sollen die Nubox 460 mit ihren 200 Watt verhauen haben?
Unglaublich und für mich ein klarer Gedanke: Den Test muss ich mit meinen Nubox 683 machen!
So habe ich Orbid Sound zum Battle gebeten – zu mir nachhause – quasi in die Höhle der Nubox.
Pünktlich zum Duelltermin erschien der Herr von Orbid Sound in einem alten Golf 3, der nicht nur mit der oben genannten Neso, sondern auch mit weiteren Orbid-Sound-Lautsprechermodellen der neuesten Generation, einem CD-Player und einem Verstärker von NAD und einer Menge Zubehör beladen war. Neben der Neso waren die nächst größere Carpo und die Telesto mit von der Partie. Wir trugen das gesamte Equipment in unser Vierzig-Quadratmeter-Wohnzimmer. Nach dem Anblick der aufgebauten Lautsprecher neben meiner Nubox 683 ließ ich mich zunächst zu einer etwas provokanten Aussage hinreißen: „Na meine Nubox ist doch eine richtige Männerbox, dagegen wirken deine Orbid Sound Lautsprecher wie Frauenboxen“, frotzelte ich. Der gute Herr von Orbid Sound nahm es gelassen und lächelte nur.
Also dann auf in das Battle!
Zunächst haben wir die Nubox laufen lassen. Schließlich hat sie Hausrecht bei mir. Der Mann von Orbid Sound sollte zunächst einen Eindruck von der herausragenden Qualität meiner Lautsprecher bekommen. „Hotel California“ in der Live-Version ist für mich immer noch das Referenzstück. Da kenne ich jede Passage und jeden einzelnen Ton auswendig. Ein Stück, das ich auf meiner Nubox liebe und das mich bei meinem Besuch 2015 im Hörstudio in Schwäbisch Gmünd bei Herrn Nubert vollkommen überzeugt hat. So genieße ich jeden Ton. Die Bässe sind wie gewohnt reichhaltig und raumgreifend, die Gitarren angenehm sanft und überhaupt, das war mein Sound. Ich genieße das Stück. Der Mann von Orbid Sound scheint auch beeindruckt.
Bis ich an der Fernbedienung das Lautsprecherpaar wechsle – auf die Neso.
Aber was war das denn? Die Köpfe der Anwesenden bewegten sich unvermittelt ein paar Zentimeter nach hinten. Der ganze Raum füllte sich urplötzlich mit Klängen und Tönen, die ich bei diesem mir so vertrauten Stück noch nie gehört habe.
Zunächst in meinem persönlichen Empfinden sehr hell in der Klangfarbe, ich konnte es nicht richtig beschreiben. Ich fühlte mich wie in Schwäbisch Gmünd, als damals auch meine Ohren erst einige Zeit brauchten um sich von meinen damaligen Teufel-Boxen zu erholen bis das gefühlt größere Frequenzband das plötzlich im Raum stand auch verarbeitet werden konnte.
Nach einigen Minuten und weiteren Musiktiteln gewöhnte ich mich an die Töne. Sie waren nicht hell, sie waren einfach klar, brillant und sehr fein nuanciert – das war schon ziemlich beachtlich, allerdings ohne meinen gewohnten Bass. Ich schalte wieder zurück auf die Nubox. Da war er wieder mein Bass. Zwar fehlte ein gutes Stück im Mittel- und Hochtonbereich aber der Bass war eindeutig besser, voluminöser.
Leider kam das Umschalten auch einer teilautonom eingeleiteten Bremsung gleich. Die Nubox fiel nicht nur im Klang, sondern auch in der Lautstärke deutlich ab. Der Wirkungsgrad ist es, dachte ich. Das muss es sein. Ich rechnete aus wie viel lauter ich die Nubox machen muss, um auf die gleiche Lautstärke zu kommen, wie die Orbid-Sound-Box. Den Lautstärkeunterschied konnte ich so egalisieren, alles andere leider nicht. Das Fazit dieses ersten Vergleichs: die Neso ist für meine Räume und meinen Anspruch an Bass einfach zu klein ist. Eine Mischung aus dem voluminösen Bass der Nubox und den feinen Klängen der Neso wäre etwas, was ich mir zu diesem Zeitpunkt hätte vorstellen können.
Nach diesem Vergleich war ich auf das nächste Model, die Carpo, gespannt. Sie hat einen Basslautsprecher mehr und ist schon ein ausgewachsener Standlautsprecher, im Vergleich zu meiner Männerbox zwar klein, aber doch in ihrem feinen weißen Gewand durchaus schön anzusehen.
Also wieder zurück auf Los und „Hotel California“ angestellt. Die Carpo stellt nach dem Umschalten sofort die Hacken auf, wieder gestochen scharf und brillant. Nur mit deutlich mehr Bass als die Neso. Also nicht wie mein Bass der Nubert, weich und schmusig wie einst Muttis Busen, sondern trocken und frontal. Kenner würden diese Art, wie die Orbids den Bass abfeuern, wahrscheinlich als schnell und sehr präzise bezeichnen. Beim nächsten Titel von Trentemöller kicken die Bässe nur noch so in die Magengrube. Das Wort Bass bekommt innerhalb weniger Sekunden eine völlig neue Bedeutung für mich. Zurück auf die Nubox geschaltet wirken die Bässe plötzlich überfettet, dick und träge und leicht überlagert. Das ist zumindest eine konkrete technische Beschreibung, gefühlt ist der Bass einfach nur wabbelig.
Mein Nubox-Bild bekommt inzwischen gewaltige Risse. Was habe ich bisher gehört und warum ist mir nicht aufgefallen, dass die Nubox so matt klingt. So plagen mich die ersten Selbstzweifel, während meine Freundin schon gar keine Zweifel mehr hat. Ich denke an mein letztes Ass, den Brillant-Schalter. Hoffnungsvoll schalte ich auf Brillant. Doch leider hat das auch nichts geholfen, sie fällt trotzdem gegenüber der Carpo deutlich ab. Ich schüttele nur ungläubig den Kopf, dreh am Potenziometer und lass die Bude wackeln. Verdammt ist die Carpo auch pegelfest, aber mir fehlt noch etwas an Druck, klar ist der Bass vorhanden, trocken und präzise ja, aber gefühlt noch zu wenig für das Luftvolumen das hier bewegt werden muss.
Schon ahnend, dass das Ende meiner Freundschaft mit meiner Nubox unmittelbar bevorstehen könnte, klemmten wir die Telesto von Orbid Sound an.
Was jetzt passierte war auch nach den vorherigen Vergleichen nicht absehbar. Schon nach den ersten Tönen stellten sich die Härchen auf. Das ist ein unfassbarer Klang. Während die Carpo – für meinen Geschmack – noch etwas zu hell klang, spielte die Telesto wirklich alles aus – eine wahre Bühne an Musik, und was für eine! Der gesamte Raum erstrahlte. Überall Sound vom Feinsten. So gut, dass es sich nicht wirklich beschreiben lässt. So krass, so echt und klar, dass es einem die Tränen in die Augen treiben kann. Ein wirklich überwältigender Sound. Den Vergleich mit diesem Lautsprecher mit der Nubox spare ich mir. Ok, doch nicht: Die Nubox hat sich in allen Disziplinen endgültig verabschiedet. Gegen die Orbids hört sich der Sound aus der Nubox an wie zugeschnürt. Ich schalte wieder um auf die Telesto, Sound ist da, Entfaltung pur, wie tief durchatmen; zurück zur Nubox: weg, zusammengefallen, es ist unfassbar. Den ach so wunderbaren Bass habe ich inzwischen entlarvt. Ich habe jetzt echten Bass gehört, der den Namen auch verdient – schnell, knackig, präzise, tief und nur vorhanden, wenn vorhanden. Ich hatte ja zuvor schon den Testbericht bei fairaudio gelesen. So ganz geglaubt habe ich dem Bericht nicht, zumal die Berichte über die Nubox ja auch ausgezeichnet sind. Der Bericht über die Telesto hat sich absolut bestätigt, die Ausführungen über die Nubox leider nicht.
Wir haben dann noch einige Zeit die Telesto genossen. Die Nubox blieb aus und das wird sie auch bleiben. Ja, nicht ganz. Die von Orbid Sound haben mir die Telesto für eine Woche überlassen. Ab und zu packt mich die Hoffnung, dass das nur an der Tagesform meiner Nubox gelegen hat. Dann schalte ich zwischen den Lautsprechern hin und her, wechsle zwischen NAD-Verstärker und meinem Onkyo-Receiver. Aber ganz im Gegenteil: Die Orbids klingen jeden Tag noch besser. Ein Ärgernis bringen die Orbids aber plötzlich mit sich: CD’s, auch echte Lieblingsstücke, die ich gerne hörte und zu Testzwecken reinlegte klingen jetzt furchtbar. Und das liegt nicht an den Lautsprechern, sondern durch die Orbids werden jetzt die schlechten Aufnahmen offenbart, traurig aber leider wahr.
Rückblickend erinnert mich der Abend ein wenig an meinen ersten Besuch in einem Drei-Sterne-Restaurant. Meine Ohren haben an diesem Abend Ähnliches erlebt wie damals mein Gaumen.
Interessanter Weise hat sich meine Meinung um 180° gedreht. Bisher war ich überzeugt dass es nicht viele bessere Lautsprecher gibt, die an meine Nubox heran kommen. Jetzt bin ich mir sicher dass die Orbid Sound Lautsprecher definitiv eine andere Welt im Vergleich zu den Nubox sind. Ob diese auch gegen Nuline und Nuvero am längeren Hebel sitzen kann ich mangels Tests nicht mit Gewissheit sagen, aber meine Befürchtung ist: Wahrscheinlich JA!
Ich denke, dass die Telesto hier ein neues Zuhause finden werden. Und das tolle daran, diese kann ich mir auch noch in einer Oberfläche und Farbe meiner Wahl (für einen geringen Aufpreis) herstellen lassen.
Steven P, Berlin